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Then click here and you will be witness of the annular eclipse on May 10, 1994 and you'll see a marvellous golden ringed sunset in the remote Atlas mountains next to the Sahara.
There will be a slide show of 6 JPEG's (a~32Kbyte).

Sonnenfinsternis und atmosphärische Optik

Eine Expedition zum Hohen Atlas

von Karsten Bischoff, Alexander Goerdt und Frank Killich

Sonnenfinsternis Marokko 1994 Sonnenfinsternis Marokko 1994 Sonnenfinsternis Marokko 1994

Am 10. Mai diesen Jahres ereignete sich eine ringförmige Sonnenfinsternis, die auch von Deutschland aus - allerdings hier nur partiell - beobachtet werden konnte. Der Sichtbarkeitsstreifen der ringförmigen Phase der Finsternis verlief über Baja California bis Neuengland über den gesamten nordamerikanischen Kontinent, querte den Atlantik und endete schließlich im Hohen Atlas in Marokko. Während die verfinsterte Sonne im US-Bundesstaat Ohio mit 65.7 Grad den höchsten Stand erreichte, ging sie in Marokko vor Finsternisende unter [1] .
Im Gegensatz zu einer totalen Finsternis ist eine ringförmige vor allem unter ästhetischen Gesichtspunkten sehenswert; da Korona, Chromosphäre und Protuberanzen weitestgehend unsichtbar bleiben, entfallen die wissenschaftlich interessantesten Aspekte einer totalen Verfinsterung. Besonders farbenprächtige ringförmige Sonnenfinsternisse ergeben sich bei Sonnenaufgang und -untergang, zumal sie dann ohne Zuhilfenahme von Filtern beobachtet werden können. Wer schon einmal einen Sonnenuntergang von einem hohen Berg aus beobachtet hat, der weiß, wie reizvoll dieser Anblick sein kann. Insbesondere die Refraktion und die differentielle Extinktion der Erdatmosphäre können zu grandiosen Schauspielen führen. Wir beschlossen daher einen Gipfel im Hohen Atlas als Beobachtungsort zu wählen und damit die besondere Gelegenheit zu nutzen, einen "`ringförmigen Sonnenuntergang"' in Kombination mit den optischen Effekten bei tiefem Sonnenstand zu beobachten.
Der Dschebel Ayachi , mit 3747m der höchste Berg im östlichen Teil des Hohen Atlas, befand sich sowohl in der Nähe der Zentrallinie als auch nahe des mathematischen Endpunktes der zentralen Phase der Finsternis, so daß er für unsere Absichten optimal geeignet war. Schon die Anfahrt in das menschenleere Gebiet und die mehrtägige Besteigung des mit Schnee bedeckten Berges am Rande der Sahara war eine Herausforderung. Etwa 30 km Entfernung und über 2000 Höhenmeter mußten wir mit Zelt, Proviant und Fotoausrüstung überwinden, wobei wir ein von der Zivilisation abgeschnittenes Lehmhüttendorf am Fuße der Berge passierten und Kamelkarawanen der Halbnomaden begegneten.
Nach der Besteigung des Gipfels am Mittag des 10. Mai erwarteten wir die Finsternis auf dem Bergrücken des Nordostgrates des Dschebel Ayachi in 3370 m Höhe und nur 1.4 km von der Zentrallinie entfernt (4 Grad 52 Min 43 Sek West; 32 Grad 30 Min 25 Sek Nord). Hier hatten wir einen besonders geeigneten Beobachtungsort mit freiem Blick zum Horizont. Bis zum Zeitpunkt des ersten Kontaktes waren noch einige Stunden Zeit. Entgegen unserer Erwartungen zogen immer dichtere Regenwolken auf, die auf die Stimmung drückten und schließlich die Sonne verdeckten. Doch der befürchtete frühzeitige Abstieg blieb uns erspart: das Wetter stabilisierte sich und kurz nach dem Zeitpunkt des 2. Kontaktes tauchte die Sonne langsam unter der Wolkenschicht hervor (18:58 UT) und wir konnten die Finsternis bis Sonnenuntergang ungestört beobachten.
Etwa 1 Minute nach dem ersten Erscheinen der Sonne sahen wir die Finsternismitte nur ca. 1 Grad über dem mathematischen Horizont. Aufgrund des geringen Abstands unseres Beobachtungsstandorts zur Zentrallinie erschien selbst bei 20-facher Vergrößerung der Optik der Sonnenring absolut konzentrisch .
Durch unseren erhöhten Standpunkt sahen wir den 3. Kontakt noch weit über dem wahren Horizont und bodennahem Dunst. Etwa zwei Minuten später unterschritt die Sonne den mathematischen Horizont; der wirkliche Sonnenuntergang wird jedoch durch die Refraktion in der Erdatmosphäre verzögert.
Zur genauen Berechnung der Refraktion und damit der wahren Untergangszeit müssen Temperatur, Druck und Luftfeuchtigkeit berücksichtigt werden. Mit sinkender Temperatur und steigendem Druck, also mit einer Erhöhung der Luftdichte, steigt der Brechungsindex und damit die Refraktion. In der Troposhäre sind die meteorologischen Bedingungen stark variabel und praktisch nicht vorhersagbar. Auch die aufgrund verschiedener Theorien ermittelten Refraktionswerte für Zenitdistanzen, die mehr als 80 Grad betragen, sind recht unsicher und weichen merklich voneinander ab [2]. Als Faustregel gilt, daß das Bild der Sonne am mathematischen Horizont um wenig mehr als den eigenen Durchmesser angehoben wird (ca. 36 Bogenminuten [3]). Scheint der untere Rand der Sonne erstmals den Horizont zu berühren, so ist die Sonne geometrisch schon vollständig untergegangen. Dieser Wert ist jedoch sehr grob und kann bis zu 1.5 Grad betragen [2],[4].
Die Auswirkungen der Refraktion werden mit abnehmender Sonnenhöhe immer extremer. Die starke Zunahme der Refraktion in Horizontnähe zeigt sich auch in der ovalen Form der untergehenden Sonne. Von der Höhe des Berges konnten wir etwa 1.4 Grad auf den geometrischen Horizont hinab sehen. Als wir die Sonnensichel ganz im Dunst des Horizonts verschwinden sahen (19:15:30 UT) , waren schon über 12 Minuten seit dem mathematischen Sonnenuntergang verstrichen. Dieses entspricht einer Refraktion von 1.3 Grad. Durch die Inhomogenitäten im Refraktionsverlauf in der unteren Atmosphäre wirkte die Sonne völlig verzerrt und der Rand des Mondes erschien eher rechteckig als rund.
Überwältigt von dieser prächtigen Naturerscheinung traten wir nun in völliger Dunkelheit den mehrstündigen Abstieg zu unserem Zelt an.

[1] Espenak F., Anderson J., Annular Solar Eclipse of 10 May 1994, NASA Reference Publication 1301, 1993
[2] Pelzer N., Niemeier W., Precise Levelling, Bonn 1983
[3] Roth G. D., Handbuch für Sternfreunde, 3. Aufl. 1981, S. 604
[4] Kahmen H., Vermessungskunde Bd. I u. II, 17. Aufl. 1988
[5] Gehrcke, Handbuch der Physik, Optik, Bd. 2, S. 279, Leipzig 1927
[6] Lang K.R., Astrophysical Formulae, Springer Verlag 1974
[7] Zimmermann O., Astronomischisches Praktikum I, SuW Taschenbuch 8, München 1983